Sonderausgaben: Selbst getragene Krankheitskosten nicht auf Beitragsrückerstattung anrechenbar

27.09.2016

Werden Krankheitskosten selbst getragen, um eine Beitragsrückerstattung der privaten Krankenversicherung zu erhalten, sind die Sonderausgaben dennoch um die volle Beitragsrückerstattung zu kürzen.

Werden Krankheitskosten selbst getragen, um eine Beitragsrückerstattung der privaten Krankenversicherung zu erhalten, sind die Sonderausgaben dennoch um die volle Beitragsrückerstattung zu kürzen. Nach Ansicht des Finanzgerichts Baden-Württemberg wirken sich die Krankheitskosten allenfalls als außergewöhnliche Belastungen aus.  

Sachverhalt
Ein privat krankenversicherter Steuerpflichtiger wurde im Streitjahr 2013 gemeinsam mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer veranlagt. Für leistungsfreie Jahre gewährte die Krankenversicherung eine Beitragsrückerstattung. Da die entstandenen Krankheitskosten niedriger waren als die Beitragsrückerstattung, verzichtete er auf die Kostenübernahme. Damit ihm kein Nachteil bei den Sonderausgaben entstand, beantragte er die Anrechnung der Krankheitskosten auf die Beitragsrückerstattung. Doch sowohl das Finanzamt als auch das Finanzgericht Baden-Württemberg lehnten dies ab.  

Das Finanzgericht pflichtete dem Steuerpflichtigen zwar insoweit bei, dass zwischen den selbst getragenen Krankheitskosten und den dadurch zurückerstatteten Krankenversicherungsbeiträgen ein kausaler Zusammenhang besteht. Die Folge einer Verrechnung wäre aber, dass die Krankheitskosten letztlich als Sonderausgaben abgezogen werden würden. Und dies widerspricht nach Ansicht des Finanzgerichts Baden-Württemberg sowohl dem Gesetzeswortlaut als auch der Grundentscheidung des Gesetzgebers, Krankheitskosten lediglich als außergewöhnliche Belastungen steuerlich zu berücksichtigen.  

Beachten Sie: Auch die Finanzgerichte Münster und Düsseldorf lehnen es ab, selbst getragene Krankheitskosten zur Erlangung einer Beitragsrückerstattung als Sonderausgaben zu berücksichtigen.  

Außergewöhnliche Belastungen
Möglich ist somit nur ein Abzug als außergewöhnliche Belastung, der in der Praxis aber oftmals scheitert – und zwar aus folgenden Gründen:  

Außergewöhnliche Belastungen wirken sich nur dann steuermindernd aus, wenn die sogenannte Zumutbarkeitsschwelle (abhängig vom Gesamtbetrag der Einkünfte, Familienstand und Zahl der Kinder) überschritten ist.  

Beispiel: Ein lediger, kinderloser Steuerpflichtiger hat in 2015 insgesamt 900 EUR an Krankheitskosten zwecks Erlangung einer Beitragsrückerstattung gezahlt. Sein Gesamtbetrag der Einkünfte beträgt 50.000 EUR.  

Hier beträgt der zumutbare Eigenanteil 3.000 EUR (6 % von 50.000 EUR). Folglich wirken sich die 900 EUR steuerlich nicht aus.  

Beachten Sie: Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs ist es verfassungsrechtlich nicht geboten, bei Krankheitskosten auf den Ansatz der zumutbaren Belastung zu verzichten. Endgültig entschieden ist die Frage nach dem Ansatz einer zumutbaren Belastung aber noch nicht, denn die unterlegenen Steuerpflichtigen haben Verfassungsbeschwerde eingelegt, die beim Bundesverfassungsgericht anhängig ist.

Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz geht in einer Entscheidung aus 2012 sogar noch einen Schritt weiter: Verzichtet der Steuerpflichtige auf eine Erstattung, um eine Beitragsrückerstattung zu erhalten, nimmt dies den Aufwendungen grundsätzlich den Charakter der Zwangsläufigkeit. Da dies aber eine wesentliche Voraussetzung für außergewöhnliche Belastungen ist, kommt nach dieser Ansicht ein Abzug per se nicht in Betracht.  

Praxishinweise: Gegen die aktuelle Entscheidung des Finanzgerichts Baden-Württemberg ist die Revision anhängig, sodass der Bundesfinanzhof nun Gelegenheit hat, zu dieser Thematik umfassend Stellung zu beziehen. Geeignete Fälle können somit vorerst offengehalten werden.  

Ob der Bundesfinanzhof der Ansicht der Vorinstanz allerdings widersprechen wird, muss zumindest bezweifelt werden. Nach derzeitigem Stand sind Steuerpflichtige gut beraten, die steuerlichen Konsequenzen in ihre Vorteilsberechnung (Beitragsrückerstattung ja oder nein) einzubeziehen.

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